Im Zuge der aktuellen Debatten rund um die Abschaffung oder Beibehaltung von Straßenbeiträgen möchten wir als Wählergemeinschaft Großalmerode gerne nochmals Bezug auf das Thema nehmen und aus unserer Sicht versuchen, Ihnen unsere Überlegungen zu beschreiben.
Bis zum Jahr 2013 war in den hessischen Gesetzen zur kommunalen Finanzierung festgeschrieben, dass bei grundhaften Straßensanierungen immer die sog. „einmalige Beitragserhebung“ von den jeweils direkt betroffenen Straßenanliegern zu erheben sind. Der Einsatz von Steuereinnahmen (und damit auch der Grundsteuer) war schlicht weg von Gesetzes wegen her verboten.
Diese Praxis hat regelmäßig zu großem Unmut der Bürger geführt, die teils sehr hohe Gebühren zu zahlen hatten. Immer wieder war auch das berechtigte Argument zu hören, dass ja auch andere Bürger die Straßen und Gehwege nutzen, jedoch von der Zahlung hierzu ausgenommen waren. Für viele Bürger – insbesondere ältere oder alleinstehende Bürgerinnen und Bürger – stellten die hohen Beträge sehr hohe Belastungen dar, die nur sehr schwer zu bezahlen waren.
Die ab 2013 vom Gesetzgeber möglich gemachten „wiederkehrenden Straßenbeiträge“ oder auch „solidarischen Straßenbeiträge“ brachten nun erstmals die Möglichkeit, die Kosten für grundhaft zu sanierende Straßen auf die Anlieger in jeweils gesonderten Abrechnungsbezirken „solidarisch“ umzulegen und so die Belastung für den Einzelnen möglichst gering zu halten.
Warum die damalige SPD-Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung von Großalmerode ab 2013 diese Variante nicht nutzte, war und ist nicht nachzuvollziehen.
Ebenfalls muss man doch auch die Frage stellen, warum es seit Jahrzehnten in der Stadt Großalmerode gängige Praxis war, kleinere und kostengünstige Reparaturen (die letztlich schon immer über die Grundsteuereinnahmen bezahlt wurden) aufzuschieben.
Statt mit günstigem und wirtschaftlichem Mitteleinsatz zu reparieren wurde jahrelang tatenlos zugesehen, bis die Schäden so groß waren, dass eine „grundhafte Sanierung“ mit Kanal und Abwasser sowie teuren Anliegerumlagen „unaufschiebbar“ wurde.
Ein Schelm, wer hierhinter Methode vermutet … .
Aktuell sind die gesetzlichen Grundlagen wieder einmal vom Land Hessen geändert worden. So wurde die Erhebung von Straßenbeiträgen freiwillige gestellt, das heißt, Gemeinden können Straßenbeiträge erheben, müssen dieses aber nicht tun und können auch durch die Kommunalaufsicht hierzu nicht gezwungen werden (Stichwort §11 und §11a KAG). Weiterhin ist zudem der Zwang entfallen, dass grundhafte Straßensanierungen über Beiträge zu finanzieren sind. Zukünftig können explizit Aufwände, welche sich auf §11 und 11a KAG beziehen, auch aus Steuermitteln bzw. anderen allgemeinen Einnahmen der Gemeinden finanziert werden (Stichwort §93 HGO). Dass diese Änderungen mit hoher Wahrscheinlichkeit dem momentanen Landtagswahlkampf zu verdanken sind, dürfte außer Frage stehen.
Aus unserer Sicht sind diese Änderungen, die augenscheinlich mit sehr heißer Nadel gestrickt wurden, jedoch wieder einmal eine Mogelpackung vom Land: man gibt gesetzliche Leitplanken vor, ohne jedoch den finanzschwachen Kommunen (und hierzu zählt leider unsere Stadt Großalmerode) die erforderlichen Finanzierungsmittel schnell und ausreichend zur Verfügung zu stellen.
Die Folge: wirtschaftlich starke Kommunen, insbesondere in Südhessen, nehmen die wenigen Landesmittel mit und zahlen ihre Straßenbauten aus den vollen Stadtkassen, während die ärmeren Kommunen hier gar nicht anders können, als weiterhin ihre Bürger zu belasten.
In Thüringen ist der dortige Gemeinde- und Städtebund gem. einem vom ihm in Auftrag gegebenen Gutachten der Auffassung, dass die ähnlich lautenden Regelungen aus dem thüringischen KAG verfassungswidrig sind, da potenziell ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliegt.
Die Kommunen Meinhard und Eschwege haben erst kürzlich beschlossen, die Straßenbeiträge ganz entfallen zu lassen. Derzeit kann dies in beiden Kommunen ohne Grundsteuererhöhung geschehen.
In Eschwege kann dieses so geschehen, da derzeit aus der Gewerbesteuer erfreulich hohe Einnahmen erzielt werden. Der Bürgermeister von Eschwege hat jedoch bereits formuliert, dass man zukünftige aufgrund der Abschaffung der Straßenbeiträge auch die Grundsteuer heranziehen müsse, wenn sich die konjunkturellen Bedingungen verschlechtern sollten.
Auch in Meinhard wurden die zu Schutzschirmzeiten dort eingeführten Straßenbeiträge, vor kurzem erst, wieder abgeschafft. Auch in Meinhard werden jetzt alle Straßenbaumaßnahmen (egal ob Reparatur oder grundhafte Erneuerung) ab sofort wieder durch Steuern finanziert. Der Grund, warum das Thema Steuererhöhungen in Meinhard dabei aktuell keines ist, liegt schlicht daran, dass Meinhard seit Jahren einen Hebesatz bei der Grundsteuer B von 650% hat, ebenso wie z.B. auch Waldkappel oder auch Bad Sooden-Allendorf.
Großalmerode, im Gegensatz dazu, hat aktuell „nur“ eine Grundsteuer B vom 460%.
Wir finden, dass unser Antrag, die Straßenbeiträge auch in Großalmerode abzuschaffen, nach wie vor sinnhaft und vor allen Dingen ehrlich ist. Wir zeigen auf, welche Konsequenzen eine solche Änderung für Großalmerode hat und wo die Vorteile, aber auch die Nachteile liegen.
Die Anliegerbeiträge ganz abzuschaffen würde die Kosten, die für die aufwändigere Berechnung und Erhebung erforderlich sind, ebenfalls wegfallen lassen.
Da Großalmerode derzeit jedoch nicht über die ausreichenden Finanzmittel verfügt und das Land die erforderlichen Mittel derzeit nicht fließen lässt, ist es unserer Meinung nach angezeigt und ehrlich, den Bürgerinnen und Bürgern von Anfang an auch zu sagen, wie man das Thema Straßenbau, und hier besonders die grundhaften Sanierungen, dann anders finanzieren möchte.
Eine Finanzierung über allg. Einnahmen und Steuern und somit auch über die Grundsteuer hat auch zur Folge, dass z.B. Mieter (und auch diese nutzen Straßen, etc.) über die Umlage der Nebenkosten künftig ebenfalls ihren Anteil zur Straßensanierung leisten würden.
Leider wären mit dieser Variante auch Härten verbunden, da die Bürger, die bereits ihre Straßenbeiträge einmalig oder wiederkehrend geleistet haben, ebenfalls von möglichen Grundsteuererhöhungen betroffen wären, da die Steuerbemessung hier klar geregelt ist und eine Verschonung nicht ermöglicht.
Nach dem jetzigen Diskussionsstand gehen wir davon aus, dass es zunächst bei der bisherigen solidarischen, sprich wiederkehrenden Beitragserhebung bleibt bzw. diese auch auf die anderen Stadtteile ausgedehnt wird.
Die Problematik zur Faulbach würde damit bestehen bleiben, da das Ortsgebiet der Faulbach rechtlich einwandfrei nicht zum Abrechnungsbereich Großalmerode hinzugefügt werden kann. Die Faulbach ist, so die rechtliche Auskunft des Hessischen Städte- und Gemeindebundes, schlicht zu weit entfernt von der Kernstadt; um ein zusammenhängendes Abrechnungsgebiet bilden zu können.
Wir sind auch der Auffassung, dass es nach der Landtagswahl im Herbst keinen Geldsegen aus Wiesbaden geben wird. Es ist im Gegenteil damit zu rechnen, dass das Land zwar in Sachen Straßenbeiträge tätig wird und diese ggf. auch abschafft, der finanzielle Ausgleich hierfür wird aber – wie bereits bei der Kindergartengebühren vorexerziert – wieder viel zu gering ausfallen und in keinem Fall tatsächlich kostendeckend sein, ganz besonders nicht für Großalmerode.
Eine von Allen als gerecht empfundene Steuer- oder Beitragserhebung wird es unsere Auffassung nie geben können. Hierfür sind die Sichtweisen und Empfindungen der Bürgerinnen und Bürger viel zu differenziert.
Wir sind jedoch der festen Überzeugung, dass man Politik für und mit den Menschen nur gestalten kann, wenn man ehrlich sagt, wie man Leistungen auch bezahlen will.
Entscheidungen wie nun von der Kreisstadt Eschwege oder der Gemeinde Meinhard, die Straßenbeiträge abzuschaffen, ohne eine klare und im Beschlusstext auch verankerte Finanzierungsaussage zu treffen, sind eben leider nur die halbe Wahrheit und nehmen die Menschen nicht mit.
Unserer Meinung nach wurden die finanziellen Folgen hier bewusst ausgeblendet um eine mögliche, kritische Diskussion möglichst klein zu halten. Letztlich droht in allen Kommunen, die Straßenbeiträge abschaffen, über kurz oder lang eine Erhöhung der (Grund)Steuern, sollte das Land Hessen nicht doch noch einmal „die Kurve“ bekommen und den kommunalen Finanzausgleich ein für alle Mal fair und bedarfsgerecht regeln. Am Ende ist die Grundsteuer nämlich neben der Gewerbesteuer die einzige sinnvolle und selbst steuerbare Einnahmegröße jeder Stadt oder Gemeinde.
Ein Schelm der hinterher Methode vermutet! Wie geschrieben ist bei den wiederkehrenden Straßenbeiträge der Umrechnungsfaktor aufwendig und teuer, dann geht es darum wer soll es bezahlen, Bürger die schon im vorweg für eine andere Straße bezahlt haben und damit für 25 Jahre befreit sind fallen weg, also eine andere Methode, das alle Bürger zahlen sollen,Änderung der Grundsteuer mit Härtefall für die Bürger die schon Straßengebühren bezahlt haben und davon befreit sind,meine Meinung und ohne großen Aufwand,die schon befreiten Bürgern erst später in die Grundsteuer Erhöhung mit einzubeziehen fände ich gerechter.
Hallo Herr Noll, ja, eine zeitweise Aussetzung der Grundsteuererhöhung oder eine spätere Einbeziehung für Menschen, die in den letzten Jahren bereits Anliegerbeiträge bezahlt haben, wäre eine gute Sache. Leider ist das so nicht durchführbar. Die Steuergesetzgebung steht einer solchen Regelung leider im Wege. In Prüfung befindet sich aktuell, ob ggf. im Zuge einer städtischen Satzung bereits bezahlte Straßenbeiträge zu einem gewissen Maß zurückerstattet werden können, um dann – sozusagen ohne Vorbelastungen – auf eine Steuerfinanzierung umzusteigen. Grüße Ihre WG